Freitag, 16. September 2005

Besuch bei Tü!Tü! von den Schenkern

Ein weiteres Projekt auf dem Gelände des LebensGutes ist der Friedensgarten der Schenker. Hier lebt Tü!Tü! ohne Geld & soweit möglich ohne Staat. Sie hat, wie ausserdem noch ihr Lebenspartner Öff!Öff! & Marion, ihre Papiere abgegeben, weil sie ausserhalb des Gewaltsystems Staat leben will. Gewaltsystem Staat klingt vielleicht zunächst seltsam & zumindest in Deutschland übertrieben, aber was ist denn der Staat? Der Staat ist eine Organisation, die auf ihrem jeweiligen Territorium das Gewaltmonopol innehat. Sprich, die Beamten des Staates (Polizisten, Finanzbeamte usw.) sind - aus Sicht des Staates - berechtigt, Gewalt gegen die BürgerInnen des Staates auszuüben, wenn diese gegen staatliche Gesetze & Verordnungen verstossen. & zwar sind die Staatsbeamten allein dazu berechtigt. Deswegen ist das Ganze ein Monopol.
Aus diesen Überlegungen heraus hat Tü!Tü! dem Bundespräsidenten ihre Ausweispapiere zurückgeschickt, zusammen mit einem langen Brief zur Erklärung. Als Antwort kam zurück, dass es nicht möglich sei, die Angehörigkeit zum deutschen Staat zurückzuweisen. Tü!Tü! antwortete darauf wiederum, dass sie ihren Austritt aus dem Staat erklärt hat & nicht danach gefragt ob das geht.

Tü!Tü! hat schon in ihrer Jugend viel über diese Fragen nachgedacht & schliesslich acht Wochen vor dem Abi alles hingeschmissen & seither so gelebt, wie sie es in ihrem Herzen für richtig hält. Von sich selbst sagt sie, dass sie in Einklang mit der Stimme ihres Gewissens lebt.
Das kann ich von mir noch lange nicht sagen. Ich bin in vielerlei Hinsicht Vollmitglied unserer Kultur & Gesellschaft. Damit sind viele richtig beschissene & noch mal ne ganze Menge mehr Dinge verbunden, die nicht in Ordnung sind. Für mich habe ich aber den Weg gewählt, innerhalb unserer Gesellschaft möglichst viel so zu verändern, dass ich nicht mehr gegen mein Gewissen verstossen muss.
Tü!Tü!s radikale Lebensweise bewundere ich zutiefst. Im Gespräch empfand ich sie als sehr warmherzig, integer & klar in ihren Gedanken. Auch da wo sie selber noch forscht.

Sie erzählte nämlich auch von ihrem christlichen Glauben, dass die Bedeutung des Kreuzestodes Jesu ihr noch ein Rätsel ist, an dem sie knobelt. Jedenfalls steht für sie im Mittelpunkt, dass sie die Nachfolge Jesu lebt. Bonhoeffer lässt grüssen. Die Erlösung von der Sünde durch Jesus ist für Tü!Tü! auf keinen Fall ein Automatismus. Vielmehr habe Jesus vorgelebt wie Erlösung von Sünden erreicht werden kann. Den - vor allem von Freikirchen gern vorgebrachten, von Luther geprägten - Gegensatz zwischen "Gottes Gnade" & "Erlösung aus eigener Kraft" sieht sie als konstruiert & falsch an, weil wir auch unsere "eigene" Kraft geschenkt bekommen.

Damit kommen wir zu der Frage, warum sie ihre Bewegung "die Schenker" nennen. Wie schon erwähnt leben die Schenker ohne Geld, & auch ausserhalb des Tausch-Paradigmas (wie es beispielsweise Heidemarie Schwermer tut). Sie beschenken einander & die Menschen, mit denen sie zu tun haben, & lassen sich beschenken. Das alles ohne gegeneinander aufzurechnen.
Das ist ein radikaler Schwenk im eigenen Geist. Nach aussen hin erst mal gar nicht sichtbar. & dennoch der grösste Paradigmenwechsel, den ich mir vorstellen kann. Die Weltsicht der Schenker geht von der Fülle aus, während jedes Schulbuch "Wirtschaften" als "Umgehen mit knappen Gütern" definiert. Damit hier keine Missverständnisse aufkommen: Erdöl z.B. ist nicht unbegrenzt auf der Erde vorhanden, rein äusserlich also ein knappes Gut. Was die Schenker auszeichnet, ist die Geisteshaltung, dass genug für alle da ist & noch mehr. & die Dinge sind nicht "meins" oder "deins", sondern allesamt uns geschenkt, damit wir das Beste draus machen. Das gilt z.B. auch für unsere Talente. Wer viel davon hat, soll auch mit seinen Fähigkeiten wuchern, sagt Tü!Tü!.
Mir schwebt als ganz grosse Vision auch eine Ökonomie des Schenkens vor. Eine Art "cooking pot market", bei der alle das, was sie geben können, in einen imaginären grossen Topf werfen, aus dem heraus jeder & jedem das geschenkt wird, was sie/er braucht. Mir fällt grad auf, dass Karl Marx das den Kommunismus genannt hat.


Der Friedensgarten in Pommritz ist 1998 entstanden als ein Ort, wo die Schenker Selbstversorgung aus der Natur üben & erforschen. Tü!Tü! ernährt sich fast ausschliesslich von Rohkost.
Strom gibt's logischerweise nicht im Friedensgarten, letztes Jahr hat Tü!Tü! sogar ohne Ofen überwintert. Inzwischen hat sie einen.

Radikal, wie schon gesagt.

Dienstag, 13. September 2005

Ankunft im LebensGutPommritz

Boah, ich bin grad vollkommen geflasht von der "Zukunftsbibliothek" hier - eine Superauswahl von Büchern, da könnt ich Jahre drin verbringen!!! Da heisst es aufpassen, dass ich mich nicht drin verliere. So eine Tendenz habe ich ja seit ich denken kann. Es ist halt alles so verdammt spannend... & wichtig!

Aber ich will Euch ja meine ersten Eindrücke vom LebensGut Pommritz mitteilen. Das sind ne ganze Menge, weil ich von Axel, der seit April diesen Jahres hier wohnt, eine sehr informative Führung über das Gelände bekommen habe.

Hergetrampt bin ich übrigens mit wenig Wartezeit, hätte nicht gedacht dass das so gut geht.
Nach Bautzen trampen



Der Ort Pommritz ist echt ein winziges Kaff, dagegen ist Mittelherwigsdorf richtig gross (übrigens vor allen Dingen lang - Mittelherwigsdorf zieht sich über sieben Kilometer!). Es gibt noch nicht mal Strassennamen hier, das LebensGut hat z.B. die Adresse "Pommritz Nr. 1"!
Das LebensGut ist - wie Jahnishausen - ein altes Rittergut. Zu DDR-Zeiten war hier eine Berufsschule & ein Volksgut mit 240 Mitarbeitern. Heute wird nur noch in wesentlich kleinerem Umfang Landwirtschaft betrieben, deshalb stehen etliche Maschinen ungenutzt rum, auch einige Gebäudeteile harren noch ihrer Nutzung.

Die Gebäude & das umliegende Gelände gehören dem Verein "Neue Lebensformen e.V.", der 1993 aus einer Initiative des sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf & von Rudolf Bahro gegründet wurde. Eigentümer wurde der Verein allerdings erst 1999. Das Projekt hat die "Auflage" bekommen, hier sozial-ökologische Forschung zu betreiben. Entsprechend finden sich auf dem Gelände eine ganze Menge kleiner oder grösserer Experimentierfelder.
Anfangs wohnten hier über 40 Leute, heute sind es 19 Erwachsene & 13 Kinder. Neben dem Neue Lebensformen e.V. sind zwei "Ausgründungen" entstanden: die Ökolandbau Pommritz GbR, die den grössten Teil der Landwirtschaft betreibt, sowie der Sophia e.V., der eine Lernwerkstatt für Philosophie & Ethik geschaffen hat.
Für die Landwirtschaft stehen 42 ha Acker- & 18 ha Grünland zur Verfügung. Das Land ist sehr fruchtbar. Die GbR hat mehrere Gebäude vom Verein gepachtet. Momentan werden 60 Milch- & noch mal 60 Nachzuchtziegen gehalten, dazu noch einige Milchkühe & Milchschafe. In der hofeigenen Käserei wird die Milch zu Käse, Joghurt & Quark verarbeitet. Hier seht Ihr Thomas beim Melken der Ziegen:
Thomas beim Ziegen melken

Eine Bäckerei für das Getreide hat's auch, diese nutzt zur Hälfte einen Elektro- & einen holzbefeuerten Lehmbackofen.
Paradoxerweise ist eine kontinuierliche Versorgung des LebensGutes mit Milchprodukten nicht möglich, weil fast alle Erzeugnisse der Landwirtschaft in Bioläden, auf Märkten & an Restaurants verkauft werden, um wirtschaftlich einigermassen über die Runden zu kommen.
Geheizt wird mit Holz, & zwar hat das LebensGut Öfen, in denen ganze Scheite verfeuert werden. Für diese Heizanlage musste der Verein einen Kredit aufnehmen.

Ein Gebäude auf dem Gelände gehört der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft, die auf einigen umliegenden Feldern Saatgutversuche durchführt. Alles herkömmliche Landwirtschaft, mit den üblichen Pestiziden & Co. Immerhin werden hier schon seit 1780 landwirtschaftliche Forschungen betrieben.

Der grosse Park hinter den Häusern war ein EXPO 2000-Projekt, wird allerdings im Moment etwas vernachlässigt. Ein Kompostklo hat's da, einen Badeteich sowie einen für Pflanzen & Tiere. Auf dem Gelände befindet sich auch eine Quelle, die allerdings nur genug Wasser für die Teiche liefert.
Das Dorf Pommritz hat keine Kläranlage, so dass alle Abwässer ungeklärt in den Bach fliessen. Aus diesem Grund plant das LebensGut eine eigene Pflanzenkläranlage. Die Gemeinde hat das Angebot abgelehnt, dort die Abwässer des ganzen Ortes zu klären, so dass das LebensGut sie nun nur für das eigene Abwasser auszurichten.
Die Leute, die hier wohnen, arbeiten an einer ganzen Reihe von kleinen & grösseren (Forschungs-) Projekten & Baustellen. Fangen wir mal an mit dem Kräutergarten:

Er ist erst dieses Jahr entstanden. Zur Erklärung steht dort Folgendes:

"Das Auge Gottes"

Dieser Heilpflanzengarten enstand in Anlehnung der "7 Heilgärten", die einstmals von kundigen Mönchen angelegt wurden, um die Heilpflanzen nach ihrer Wirkungsweise anzubauen, die da sind:
Linderung und Heilung von Hautleiden, Verdauuungsstörungen, Erkrankungen der Luftwege, Herz- und Kreislaufbeschwerden, Nervenleiden, Förderung der Entwässerung und Lebensverlängerung.

Wir haben diese systematische Unterteilung aufgegriffen, etwas verändert und um die Besonderheit der Heublumenwiese und einer Heide- und Teichlandschaft erweitert. So sind wohl nicht zufällig 13 Heilgärten entstanden. Symbolisch steht die 13 für Tod und Wiedergeburt, Heilung als Transformationsprozess.
Das nächste Bild zeigt das "Kernforschungszentrum". Dieses heisst so, weil dort ganz viele verschiedene Kerne ausgesät wurden, um zu beobachten, welche Konstellationen von Pflanzen sich daraus entwickeln.
Kernforschungszentrum
Sieht auf jeden Fall sehr bunt & vielfältig aus.

Eine offene Baustelle ist das Kunsthaus. Im ersten Anlauf wurde versucht, die Wände aus Strohballen zu bauen & mit Lehm zu verputzen. Das lief aber schief, weil die Strohballen nicht stark genug zusammengepresst waren. Wenn's fertig ist, soll das Haus für Kunstaktionen genutzt werden:
Kunsthaus

Ein Permakultur-Experiment ist der Waldrandgarten:
Waldrandgarten
Hier wurden ganz viele Sorten von Obstbäumen & -büschen ausgesät, die nun weitgehend sich selbst überlassen werden. Das ist nämlich die Idee von Permakultur: Eine möglichst grosse Vielfalt von Pflanzen zu mischen, so dass sich von selbst die Pflanzen zusammenfinden, die sich in ihrem Wachstum gegenseitig fördern.

Ohne Foto erwähne ich ein kleines Versuchsfeld, auf dem nach Masanobu Fukuoka Weissklee mit Nutzpflanzen zu mischen.
Axel hat erzählt, dass in den ersten Jahren des LebensGuts hier sogar Seidenraupen gezüchtet wurden.

Menschlich ist das Projekt gerade in einer Klärungs- & Umbruchphase. Während des letzten Jahres ist die Gemeinschaft viel unter sich geblieben. Die aktuelle Vision ist, dass hier ein Heilungszentrum entsteht.

Resümee Kulturfabrik

Zuallererst ist die Kulturfabrik mit derzeit sieben BewohnerInen eine kleine Gemeinschaft. Trotz oder auch wegen der kleinen Mitgliederzahl leben die Leute nicht sehr eng zusammen, weil alle ihr eigenes Ding machen (jedenfalls ist das mein Eindruck nach den drei Wochen). Gregor arbeitet als SAP-Berater, Barbara ist Heilpraktikerin & Timo leitet eine Schule in Zittau, um mal drei Beispiele rauszugreifen.
Um hier dauerhaft zu leben braucht's schon einen gewissen Pioniergeist, vor allem um wirtschaftlich auf eigenen Füßen zu stehen. Das kann die Gemeinschaft nicht leisten.

Beim Essen waren fast nie alle versammelt. Trotzdem ist die Küche einer der Orte, an denen sich die Gemeinschaft trifft & als solche sichtbar wird.

Im Plenum & im Forum bekam ich ein wenig von den Differenzen innerhalb der Gemeinschaft mit; so richtigen Streit jedoch nicht. Ein Konflikt dreht sich um die Frage nach dem "Tagungsbetrieb", d.h. wie eng (Seminar-) Gäste in die Gemeinschaft eingebunden werden sollen. Eine Fraktion wünscht sich einen gewissen Mindestabstand & will nach Möglichkeit nicht Bad & Küche mit immer wechselnden Gästen teilen. Das kann ja auch ganz schön anstrengen. Die andere Fraktion sagt "wir sind ein offenes Haus", Gäste sind ihnen also immer willkommen. Diese Gruppe sieht keinen Bedarf, Gäste räumlich von den BewohnerInnen zu trennen.
Eine offene Frage, die wohl jede Gemeinschaft beschäftigt, die regelmässig Gäste zu sich einlädt.

Alles in allem habe ich mich in der Kulturfabrik sehr wohl gefühlt & reise etwas wehmütig ab.
Ein Besuch im Dreiländereck lohnt sich allemal, & in der kommenden Kinosaison laufen dort wieder etliche gute Filme.


Nachtrag vom 16.09. von Pommritz aus:
Was in meinem Resümee oben nicht rüberkam ist, dass ich in der Kulturfabrik ein Zusammengehörigkeitsgefühl gespürt habe. Es war deutlich, dass die sieben BewohnerInnen gemeinsam etwas vorhaben. Momentan ist dieses Gemeinsame die Kultur in & um die Fabrik, vor allem das Kino. Für die Zukunft kann daraus durchaus noch mehr werden, in Richtung Seminarbetrieb.

Montag, 12. September 2005

Eine Billion Dollar

Mit einiger Verspätung notiere ich nun meine Gedanken zu dem Roman Eine Billion Dollar von Andreas Eschbach. Übrigens: wer das Buch noch nicht gelesen hat & sich die Spannung erhalten möchte, lese bitte nicht den Wikipedia-Artikel darüber! Da steht nämlich die Story in Kurzform bis zum Ende drin.
Sonntag vor einer Woche habe ich den grössten Brocken davon draussen in der Sonne gelesen:
Iromeister lesend

Kurz gesagt handelt das Buch von einem Pizzataxi-Fahrer, der eine Billion Dollar erbt, verbunden mit der Prophezeiung, mit Hilfe dieses Vermögens "der Menschheit ihre verlorene Zukunft wiederzugeben".

Ein perfekter Roman für mich, denn mich beschäftigt sehr ausdauernd die Frage, was Menschen mit Hilfe von Geld alles bewegen können - zum Guten wie zum Schlechten. & nach welchen Mechanismen das funktioniert.


Die Seiten sind in Milliarden-Dollar-Beträgen nummeriert, wobei bei vielen dieser Beträge angegeben ist, was gerade dieser Summe entspricht, z.B. kostet es 5 Mrd. $ einen Flugzeugträger der Nimitz-Klasse zu bauen.

Ich zitier mal der Reihe nach die Stellen, die mir besonders wichtige Erkenntnisse gebracht haben:
310.000.000.000$ ff.:
McCaine beschreibt die Hierarchie der erzielbaren Einkommen
  1. Arbeit
  2. spezialisierte Arbeit
  3. Handel
  4. Unternehmer
  5. Kapitalmarkt
Mit jeder Stufe dieser Hierarchie steigt die finanzielle Hebelwirkung, d.h. je mehr Geld jemand besitzt, umso mehr Geld (anderer Leute) kann er/sie zusätzlich in Bewegung setzen.

Auf Seite 409.000.000.000$ ff. erfahren wir "Das Geheimnis der wundersamen Geldvermehrung", nämlich wie sich mit Aktien in Windeseile riesige Beteiligungen erreichen lassen:
Zunächst gründet man eine Aktiengesellschaft & sorgt dafür dass die Aktie beim Börsengang (Initial Public Offering, kurz IPO) überzeichnet ist. Das heisst, es gibt mehr Käufer als überhaupt Aktien ausgegeben werden.
Die Folge davon ist ein rasanter Kursanstieg direkt nach dem Börsengang. Der Trick besteht nun darin, nur einen kleinen Teil, z.B. 15%, aller Aktien an der Börse zu platzieren. Den Rest behalten die Gründer der AG. Auf diese Art ist ihr Vermögen auf dem Papier entsprechend dem Aktienkurs gestiegen, ohne dass sie irgendetwas dafür getan hätten (ausser vorher die Werbetrommel zu rühren).
Im nächsten Schritt kauft man dann per Aktientausch andere Unternehmen, jedenfalls so viel davon, dass man die Aktienmehrheit daran erhält. Wichtig ist dabei, die Mehrheit der Aktien der eigenen Gesellschaft zu behalten, sonst bringt das ganze Spiel nichts.
McCaine kommentiert das Ganze so:
"Bei Lichte betrachtet, setzt uns dieses Manöver im Stande, Firmen in unseren Besitz zu bringen mit Geld, das es überhaupt nicht gibt."

"Und es kommt noch besser."
"Noch besser?"
"Viel besser. Als nächstes gründen wir eine Bank."
Dazu ist wohl nichts mehr zu sagen. Bankiers sind die Herren des Geldes. Sie sitzen am ultimativen finanziellen Hebel: multiple Giralgeldschöpfung, im Englischen als Fractional-reserve banking bekannt.

Auf Seite 416.000.000.000$ sagt McCaine:
"Moody's ist eines der wirklichen Machtzentren der Welt" & hat vollkommen Recht damit. Als die grösste Kreditratingagentur dieses Planeten bestimmt Moody's faktisch sogar über die Geschicke von Staaten wie Kanada mit.

Auf der gleichen Seite lernen wir SWIFT kennen - "das Nervensystem des globalen Finanzsystems", sowie Euroclear, eine der beiden (!) Clearingstellen für den internationalen Wertpapierhandel.

Die Stelle im Buch, die mich am meisten berührt hat, ist die Geschichte des philippinischen Jungen Manuel Melgar, der von John Fontanelli einen Mikrokredit möchte, auch wenn es im Buch nicht so genannt wird. Der 16jährige Manuel hat eine richtig gute Geshäftsidee, würde jedoch nie im Leben Kredit bei einer Bank bekommen.
John möchte ihm - als Billionär - zunächst einfach 1000 $ schenken. Das lehnt Manuel entsetzt ab:
Er schlug sich die Hand auf die Brust. "Sir, wenn... wenn ich einmal alt bin, will ich mir sagen können, dass ich es aus eigener Kraft geschafft habe, verstehen Sie? Dass ich alles meiner Idee verdanke. Meiner Arbeit. Nicht einem Almosen." Er schüttelte entschieden den Kopf. "Es würde keinen Spaß machen so. Bitte, Sir, dreihundert Dollar als Darlehen. Ein Geschäft."
Hier hat Andreas Eschbach in wenigen Sätzen formuliert, worum es bei Mikrokrediten geht.

Ein längerer Absatz über das Zentralbanksystem liess mich sofort an Paul C. Martin denken, meinen persönlichen Cheftheoretiker in Sachen Geld. Er hat z.B. unser heutiges Geld- und Kreditsystem in 59 Punkten zusammengefasst.

Der letzte interessante Punkt sind die Steuervorschläge von Lord Peter Rawburne (googeln hilft nicht - der ist ausgedacht!) ab S. 715.000.000.000$:
Er will die Einkommenssteuern abschaffen sowie auch alle Spezialsteuern, & nur eine Rohstoffsteuer sowie ggf. eine Vermögenssteuer (als sozialer Ausgleich & für die Staaten, die über wenige Rohstoffe verfügen) erheben.
"Die Steuern auf Rohstoffe müssen, wie gesagt, weltweit einheitlich gelten, aber ich würde es einzelnen Staaten oder sogar Regionen uns Städten freistellen, zusätzlich die Vermögen ihrer Bürger nach Gutdünken zu besteuern."
Dabei soll sich die Höhe der Rohstoffsteuer an den Wiederbeschaffungskosten der jeweiligen Rohstoffe orientieren.
Wozu das gut sein soll?
"Die Steuer auf Rohstoffe hat nämlich nicht in erster Linie den Zweck, begrenzte Vorräte zu bewahren. [...] Der springende Punkt ist, dass wir Rohstoffe und Energie benötigen, um die Umwelt zu belasten."
Die Rohstoffsteuer ist also eine Ökosteuer direkt an der Quelle erhoben & damit viel einfacher zu ermitteln & zu handhaben. Von Bürokratieabbau ist immer viel die Rede. Das wäre eine Massnahme, bei der Bürokratieabbau als Nebeneffekt abfiele.

Ich habe dieses Konzept ein kleines Stück weiter gedacht & in Nachhaltigkeitssteuer umbenannt, weil die Land- & Forstwirtschaft noch nicht berücksichtigt wurde. Auch da kommt's ja drauf an, dass Raubbau (Kahlschlag, Brandrodung u.ä.) im bisherigen Wirtschaftssystem nicht unmittelbar mit Kosten zu Buche schlägt.


Ganz aktuell habe ich einen Artikel aufgegabelt, der erklärt, warum es 2001 an den Börsen lang nicht so laut gerummst hat wie es hätte können: Riskante Spekulation mit US-Eigenheimdarlehen. Die Riesenbeträge an Fiat Money wanderten damals zu einem guten Teil von den Aktienmärkten auf die Immobilienmärkte, & zwar nicht nur in den USA. Dort wurde es bloss wie üblich am heftigsten getrieben, so dass es bald erneut laut krachen wird.
Auf den GoldSeiten, eine meiner hauptsächlichen Finanz-Nachrichtenquellen, wurde schon vor über einem Jahr vor der Immobilienblase gewarnt.

Sonntag, 11. September 2005

Tag des offenen Denkmals & Mandau Jazz

Heute berichte ich quasi live vom Tag des offenen Denkmals in der Kulturfabrik. Parallel dazu findet das ganze Wochenende über das Mandau Jazz-Festival statt.
Gestern haben wir die Fabrik für den Denkmalstag schön gemacht, & ich habe endlich mal ein Foto vom Frühstück geschossen:
Frühstück mit Gästen
Von links nach rechts: Günter, Timo, Veronika, Barbara, Gregor, Rolf, ich, Nico, Ulrike & Hanna (die Kleine). Die letzten drei sind Gäste, Ulrike hat allerdings schon mal in der Kulturfabrik gewohnt.

Thomas Pilz fehlt auf dem Bild, weil er ein viel beschäftiger Mensch ist. Er organisiert nämlich das Mandau Jazz & sagt z.B. die Bands auf der grossen Bühne an:
Thomas beim Mandau Jazz

Das Kino in der Kulturfabrik sieht momentan so aus (ist provisorisch, weil noch Parkett reinkommt):
Kinosaal von hinten
Kinosaal von vorne

Heute Vormittag haben wir uns beim Jazz-Frühschoppen die Top Dog Brass Band aus Dresden angeschaut & angehört, die rocken echt das Haus:
Top Dog Jazz Band

Am coolsten fand ich das Sousaphon:
Sousaphon

Der Tag des offenen Denkmals wurde eröffnet mit einem Lied der Kinder, die am Freitag Bilder gemalt hatten zum Thema wie sie sich ein Friedensdorf wünschen:
Kinder singen

Hier noch mal die Bilder in Grossaufnahme:
von den Kindern gemalte Bilder

Eine erste Führung durchs Haus & zur Pflanzenkläranlage machte Thomas, der hier auch besser zu erkennen ist:
Thomas zu Beginn der Führung

Hier sind die Gäste in der Halle:
Gäste in der Halle

& hier in der Küche:
Gäste in der Küche

Beim Erklären der Pflanzenkläranlage ist Thomas in seinem Element:
Thomas erklärt Pflanzenkläranlage

Von unten aus ist zu erkennen, an welcher Stelle unterhalb der Fabrik die Kläranlage ist:
Thomas erklärt Pflanzenkläranlage II

Anlässlich des Denkmaltages hat die Gemeinschaft ehemalige BewohnerInnen der Fabrik, die nach dem 2. Weltkrieg eine Flüchtlingsunterkunft war, eingeladen & drei davon interviewt. Am Nachmittag gab's ein gemeinsames Kaffeetrinken. Auf dem Foto Veronika mit ehemaligen Fabrik-BewohnerInnen:
Veronika mit ehemaligen Fabrik-BewohnerInnen

Nach der ersten Führung liess der Ansturm merklich nach, jetzt zum Ende hin sind nur noch ein paar versprengte Gäste übrig.
Mal sehen wie viele zum Film Schlesiens Wilder Westen heute Abend kommen.

Weil sie gerade mal wieder auf meinem Schoss liegt, zum Abschluss ein Foto von Luise, einer von Barbaras beiden Katzen:
Luise

Donnerstag, 8. September 2005

Ausflug nach Herrnhut

Vor ein paar Tagen hatte ich erfahren, dass es nur ein paar Kilometer von der Kulturfabrik bis nach Herrnhut, dem Entstehungsort der Herrnhuter Brüdergemeine, sind. Daher habe ich heute mit dem Fahrrad einen Ausflug dorthin gemacht.
Die Brüdergemeine war auch eine Art Gemeinschaft, allerdings geprägt durch ihren besonderen christlichen Glauben. Welche Bedeutung sie in der Stadt heute noch hat, kann ich nicht einschätzen.
So, nu aber mal 'n paar Bilders, zuerst Herrnhut vom Hochaltan auf dem "Gottesacker" (dem Friedhof) aus gesehen:
Herrnhut vom Hochaltan aus

Das Zentrum der Brüdergemeine ist der Gemeinsaal:
Gemeinsaal

Klasse fand ich, dass schon 1788 eine Gemeinwaschküche eingerichtet wurde:
Gemeinwaschküche
Auf dem Infoschild steht ein netter Spruch dazu:
"Als einst vollendet hier das Bauen
freuten sich des Ortes Frauen,
die große Wäsche, statt an der Petersbach,
wusch man nun unter diesem Dach."

Gegründet wurde die Stadt von Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf, dessen Büste vor dem Gemeinsaal steht:
Zinzendorf-Büste

Vor dem Gemeinsaal hängt auch die Glocke, die zum Gottestdienst ruft:
Glocke in Herrnhut

An einem Gebäude der Förderschule "Johann Amos Comenius" entdeckte ich diese super Wandverzierung:
Drache an der Wand

Die Pädagogik der Herrnhuter verdient übrigens einen eigenen Absatz. Die Förderschule ist nicht nur nach Johann Amos Comenius benannt, sondern setzt auch dessen pädagogisches Konzept um, angepasst an die heutige Zeit. Zinzendorf war ein Schüler von August Herrmann Francke, hat sich jedoch von dessen recht strengen Ansichten bald gelöst. So habe ich's jedenfalls in der (äusserst interessanten!) Ausstellung im Völkerkundemuseum Herrnhut gelesen.
Auf dem Flyer der Förderschule steht ein Zitat von Comenius:
Alles fliesse von selbst - Gewalt sei fern den Dingen
Das als Motto einer pädagogischen Richtung macht mir diese seeehr sympathisch!

Weiter geht's zur letzten Station in mehrererlei Hinsicht: dem Friedhof. Der heisst hier Gottesacker & zielt darauf ab, dass im Tod (& vor Gott) alle Menschen gleich sind:
Gottesacker
& da geht's hinein - alles sehr schlicht gehalten:
Tor zum Gottesacker
Wie schon erwähnt habe ich mit die Ausstellung im Völkerkundemuseum angesehen. Wie kommt ein Kaff wie Herrnhut zu einem solchen Museum? Die Brüdergemeine hat von Beginn an viel misssioniert & tut das auch heute noch. Zinzendorf selber ist schon missionierend durch die Weltgeschichte gegurkt.
In der Sonderausstellung zu "Ethnographie und Herrnhuter Mission" habe ich mich immer wieder gefragt, was bringt jemand dazu, nach Grönland oder Surinam oder in den afrikanischen Busch zu fahren, um da Leute zum christlichen Glauben zu bekehren? Da muss ein echt starker Missionsdrang am Werk sein, zumal das im 18. & 19. Jahrhundert ganz schöne Abenteuer & Herausforderungen waren.
Ganz schön verrückt so ein Glaube: dass die "Heiden" ohne Bekehrung verloren seien & Missionare für das "Seelenheil" dieser Menschen solche Lasten & auch Gefahren auf sich nehmen.

Kontakt

Jabber: iromeister@deshalbfrei.org
Skype: brich.die.regeln
Mail: rincewind_at_
ist-einmalig_punkt_de

Intro

Guten Tag FremdeR! Du bist hier beim Blog eines (Forschungs-) Reisenden zu Gemeinschaften & Kommunen gelandet. Unterwegs bin ich seit Ende Juli 2005, seit ca. Sommer 2006 inzwischen wieder sesshaft. Mehr über mich & mein Projekt erfährst Du im Startschuss-Beitrag. Darin erkläre ich auch, wie Du diesen Blog "bedienst"!
Im Beitrag Eine neue Kultur fasse ich meinen bisherigen Lebens-Schwerpunkt zusammen - darum geht es mir, nicht nur in diesem Blog.

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