Informatiker sein und dabei Mensch bleiben - geht das?

Dies ist ein Hilferuf, vor allem an die Informatiker die hier mitlesen. Heute ist mir zum wiederholten Male bewusst geworden, dass ich beim Arbeiten am Computer – speziell wenn ich an einem Computerproblem arbeite – komplett aufhöre zu fühlen & ganz im Denken bin. Damit kappe ich dann auch die Verbindung zu anderen Menschen.
Mein Herz wollte mit Sabine zusammen sein. Es hatte allerdings in der Situation nichts zu sagen, weil mein Verstand das Kommando übernommen hatte. & der sagte: Das Problem geht vor, alles andere ist zweitrangig.
Ich frage deshalb Euch InformatikerInnen bzw. allgemein TechnikerInnen: Gibt es noch eine Möglichkeit, in mir etwas zu ändern, dass ich mich nicht so vereinnahmen lasse? Oder geht von der Maschine selbst eine Macht, ein Sog aus, dem ich nur mit aller Kraft & Selbstbeherrschung widerstehen kann?

Ich rede immer so viel davon, dass der Computer ein tolles Werkzeug sein kann, um Menschen zu verbinden. Wenn ich ihn nur als Kommunikationsmittel nutze, gelingt es mir auch viel besser (mit)fühlend zu bleiben.

In der Tiefe rührt das an die Frage: Ist mit Computern arbeiten (als Objekt meines Tuns) etwas, das ich wirklich, wirklich will?

Da bekomme ich auch Angst von. Im Moment scheint es mir als ob ich wieder an dem Punkt angekommen bin, als ich mein Studium abgebrochen habe. Damals wurde mir schmerzlich bewusst, wie folgerichtig ich in meinem Leben, das bis dato wie ein Programm abgelaufen war, beim Informatikstudium gelandet war. Lange hatte ich geglaubt dieses Trauma hinter mir zu haben.
Doch es bleibt dabei: Ich arbeite mit Maschinen.

Ich weiss nicht, ob ich diesem Umstand irgendwie Leben einhauchen kann. In meinem Herzen will ich mich so lange & so intensiv wie ich nur kann mit Menschen beschäftigen.

Dabei drohe ich in eine weitere Falle zu tappen, denn als ich anfing über Alternativen nachzudenken, tauchte schnell die Frage auf "wie kann ich damit Geld verdienen?" Das ist natürlich der grösste Fehler den ich machen kann. Durch diese Frage lasse ich mich von der Angst leiten – von der Angst, nicht genug (Geld) zu bekommen.
Solch eine Angst hat mich bis zu meinem 1,0er-Vordiplom angetrieben. Dazu kommt die Angst, etwas falsch zu machen. & letzten Endes läuft es immer auf die Angst hinaus, das zu fühlen was dann in mir ist, wenn das Befürchtete eintritt.
Von dieser Angst bestimmt, wählte ich die Flucht ins Denken. Der Computer als das Ergebnis intensivsten reinen logischen Denkens passte da hervorragend dazu.

Jetzt weiss ich nicht, ob es wirklich darum geht, das Arbeiten mit Computern in meinem Leben ganz loszulassen, oder ob ich damit das Kind mit dem Bade ausschütte. Ich kann schliesslich ziemlich gut mit diesen Dingern umgehen, & dachte bisher dass es gut sei auf dieser Fähigkeit & diesem Wissen aufzubauen.
Meine grösste Herausforderung wiederum ist definitiv nicht das Denken & speziell das Arbeiten mit Computern, sondern das Fühlen & Beziehungen zu Menschen. Dem kommt mein Projekt Faire Turnschuhe schon näher als PC ab 50.
Ach Mensch, ich bin völlig ratlos.
Laut Frithjof Bergmann sind wir das alle tief innen drin die meiste Zeit, & unser ganzes Leben lang versuchen wir herauszufinden, was wir wirklich, wirklich wollen. Das beruhigt mich insofern, als ich mit meinem Nicht-Wissen nicht allein bin.
Ich habe auch schon etliche Schichten gesellschaftlicher Erwartungen, wie mensch (Mann!) zu leben habe, für mich abgetragen. Sogar dass ich gar nicht unbedingt selber für meinen eigenen Lebensunterhalt sorgen muss, kann ich bereits denken, wie ich im Zusammenhang mit der Konferenz in Klein Jasedow geschrieben habe.
So weiss ich eine ganze Menge darüber, was ich nicht muss. Bloss, was will ich? So vieles ist möglich, auch vieles das ich mir noch gar nicht vorstellen kann.
An dieser Stelle bleibt für mich die Frage offen, ob ich wirklich von diesen Maschinen ablassen muss, die ich als sehr zweischneidiges Schwert erlebe. Wobei mich diese Frage nur von der eigentlichen Frage, ob ich von ihnen ablassen will, ablenkt. So mache ich mich schon wieder zum Opfer. Durch das Kato-Prinzip hatte ich mir doch schon abgewöhnt, "ich muss" zu sagen. Die obige Frage gibt Punkte. Die nehme ich hiermit auf mich & nehme sie zum Anlass zu untersuchen was dahinter steckt.
moca (Gast) - 2007-05-09 22:32

klaro

mönsch iromeister, vielleicht denkst du einfach mal ein bischen weniger...
leben ist eine gute alternative ;)

und ich bin sicher du kannst ein prima tief fühlender quicklebendiger computerfreak sein. schau dir nur mal ritchie an:

http://www.keimform.de/2007/05/09/youll-be-free-hackers

herzlich
moca

Wolfram (Gast) - 2007-05-11 14:31

Ich denke, das passt schon...

Ich kenne das sehr gut, dass man vor den Kisten sitzt und alles andere vergisst. (Ich kenne es aber auch in anderen Situationen, dass ich Sachen so fest im Blick habe, dass ich nicht nach rechts und links schaue, z.B. mein Vorhaben nach Japan zu gehen). Ist das schlecht? Ich denke nein, solange es mir Energie gibt. Ich habe es früher übertrieben (und hatten dann auch einen "Kater"), bin aber mittlerweile sensibler geworden für den Punkt, an dem es dann auch reicht, an dem die Energie runtergeht. Die meisten Menschen um mich herum halten mich heute im positiven Sinne für zielstrebig und gönnen mir die Energie. Ausreißer sind zum Lernen da und sollten für liebende Menschen kein Problem sein, denke ich.

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Im Beitrag Eine neue Kultur fasse ich meinen bisherigen Lebens-Schwerpunkt zusammen - darum geht es mir, nicht nur in diesem Blog.

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