Freitag, 18. November 2005

Rudolf-Bahro-Symposium I

Ich bin schon wieder in Berlin, & zwar auch schon wieder zu einer Tagung. Dieses Wochenende findet an der Humboldt-Universität ein Rudolf-Bahro-Symposium statt. Darauf wurde ich im LebensGut Pommritz aufmerksam, das ja auf Initiative von Bahro gegründet wurde & auf seinen Ideen fusst.

Laut Maik Hosang, der den ersten Teil der Veranstaltung moderierte, hat Bahro frühe Ideen von Karl Marx weitergedacht. Dessen Ökonomisch-philosophische Manuskripte aus dem Jahre 1844 werde ich bei Gelegenheit noch einmal lesen, da steckt nämlich einiges an Weisheit drin.

Das zentrale Stichwort des Symposiums, das auch Bahros Denken bestimmte, lautet Integration.

Übrigens: Der ursprünglich geplante Vortrag von Michael Jäger fiel zwar aus, er hat jedoch in der Wochenzeitung Freitag einen Artikel geschrieben: Reise nach innen.
Ich kommentiere im Folgenden nur die Vorträge, die ich besonders interessant fand.

Drei Stationen in Bahros Leben

  • 1968: Bereits 1967 schrieb Bahro einen Brief an Walter Ulbricht, dem er vorschlug, den ArbeiterInnen legislative Macht zu geben. Als Vorbild diente ihm dafür die Arbeiterselbstverwaltung in Titos Jugoslawien. Natürlich wurde sein Vorschlag nicht in die Tat umgesetzt.
    Als Reaktion auf den Prager Frühling begann er, Die Alternative zu schreiben. Eine erste Fassung des Buches stellte er 1973 fertig & verteilte sieben Exemplare an RegimekritikerInnen.
    Wegen der Arbeit am Buch musste Bahro seine Familie stark vernachlässigen.
  • 1977: Die Alternative erscheint. Das Buch stellt eine Absage an das Fortschritts- & Wachstumsmodell dar, welches in Ost und West vorherrschte. Kaum war das Buch in der BRD erschienen, da wurde Bahro auch schon verhaftet.
    1979 kam er durch eine Amnestie frei & wurde in die BRD abgeschoben. Dort war er einer der Gründer der Grünen Partei.
    1984 richtete er schwere Vorwürfe von "Machtwahn" an die Grüne Parteiführung. 1985 trat er schliesslich aus der Partei wieder aus.
  • 1989: Auf dem Sonderparteitag der SED, welcher zugleich der Gründungsparteitag der PDS war, hielt Bahro eine Rede. Allerdings bekam er darauf wenig Resonanz.
    In der Folge beschäftigte er sich mit der Frage nach den Kräften der Selbszerstörung (unserer Gesellschaft wie auch der Einzelnen).

Neurobiologische Argumente für eine liebevolle Beziehungskultur


Den Vortrag von Gerald Hüther fand ich von allen am spannendsten. Hüther ist Hirnforscher & referierte die aktuellen Erkenntnisse der Hirnforschung. Vom etwa 100 Jahre alten Glauben des Determinismus hat die moderne Forschung kaum noch etwas übrig gelassen. Er führt das Humangenomprojekt (die "Entschlüsselung des menschlichen Genoms") als grösstmögliche Enttäuschung für Deterministen an. Denn der genetische Code ist zwar nun entschlüsselt, wie darin aber die Erbinformationen tatsächlich gespeichert, übertragen & in biologische Substanz umgesetzt werden ist noch weitgehend unverstanden.
Hüthers Erkenntnnis daraus: Der Mensch ist ein hochgradig komplexes System. Da gibt es keine einfachen, festen Programme.
Der neurobiologische Fachbegriff dazu ist Nutzungsabhängige Plastizität.

Was hat das nun mit liebevollen Beziehungen zu tun? Nun, ein Beispiel: deutsche Eltern reden heutzutage durchschnittlich nur noch acht Minuten am Tag mit ihren Kindern!!!!
& wenn das Gehirn so wenige sprachliche Anregungen bekommt, entwickelt es nur rudimentäre Sprachfähigkeiten.

Es geht also darum, dass wir Verantwortung für unser Gehirn übernehmen, wie Hüther es ausdrückt.
Erfahrungen strukturieren das Gehirn, am wichtigsten sind Beziehungserfahrungen!

Als nächstes beschrieb Hüther das Prinzip, nach dem sich unser Gehirn entwickelt: Aus einem Überangebot - sowohl an Zellen wie auch an Synapsen - wird nicht Benutztes mit der Zeit wieder aussortiert. Dieser Vorgang nennt sich 'pruning'.
Die Natur wendet also das Prinzip der Fülle an, & zwar in ganz vielen Bereichen, nicht bloss bei der Gehirnentwicklung.

Aus all dem ergibt sich:
Wir Menschen sind zum allergrössten Teil Kulturwesen, nur noch ganz wenig Naturwesen!

Das Phänomen der Spiegelneuronen erklärt unser Lernen durch Imitation: Beim Beobachten von Verhalten wird das gleiche neuronale Muster aktiviert wie wenn ich mich selber so verhalte. Dies wurde erstmals entdeckt bei Bananen schälenden Schimpansen.

Ungewöhnliche Ereignisse reizen das Limbische System, & das führt zu emotionaler Erregung. In diesem Zustand verankern sich Eindrücke besonders stark. Mir fiel dazu ein, dass beim NLP auch mit Ankern gearbeitet wird.
Die stärksten Reize sind dabei Beziehungserfahrungen.

Für mich ergibt sich daraus ganz speziell die Schlussfolgerung: Aufwachsen & Leben in Gemeinschaft fördert die Gehirnentwicklung! Da kann mensch nämlich sehr vielfältige Beziehungserfahrungen machen.

Nun klärte Gerald Hüther auf, was es mit den immer wieder beobachteten Unterschieden zwischen Männer- & Frauengehirnen auf sich hat: Diese Unterschiede entstehen durch unterschiedliche Sozialisation!
Anders als oft behauptet belegen diese neurologischen Untersuchungen also gerade nicht angeborene Unterschiede zwischen Männern & Frauen!

Übrigens erklärt sich durch solche neurobiologischen Vorgänge auch die Bestätigungstendenz.

Der nächste zentrale Punkt in Hüthers Vortrag war die Angst - die fördert nämlich starre Gehirnstrukturen. Verbreitete Strategien gegen Angst sind Macht & Reichtum/sozialer Status sowie Ablenkung (Fernsehen, Essen, aber auch Hungern). Es gibt natürlich noch viele weitere Strategien, aber alle zielen darauf ab, die Angst zu überspielen.
Nun kommt endlich der Bezug zu Bahro, denn der sagte: Angst ist besiegbar durch Vertrauen. Das lässt sich sogar tomografisch nachweisen!
Kreativität ist nur ohne Angst & Druck möglich. Deshalb kommen Wissenschaftlern & Künstlern die kreativsten Einfälle oft kurz nach dem Aufwachen, wenn das Gehirn noch unbelastet von den Anforderungen des Tages ist.

Als Fazit formulierte Hüther:
Alles was die Beziehungsfähigkeit fördert, ist gut für das Gehirn & für die Gesellschaft!

Gerechtigkeit oder Barbarei


Michael Brie von der Rosa-Luxemburg-Stiftung beschäftigte sich mit Bahros Verständnis von Kommunismus.
Übrigens tauchte der Begriff "Kommunist" das erste Mal auf als Kritik an den Hutterern!

Bahros Kommunismus hatte recht wenig mit dem klassischen Verständnis davon zu tun:
  • Das Mensch-Natur-Verhältnis war ihm wichtiger als das Verhältnis von Mensch zu Mensch. Damit kann allerdings die Ausbeutung der einen Menschen durch die anderen legitimiert werden, wenn es "die Natur" erfordert.
  • Selbstversorgung in kleinen Gemeinschaften (er nannte sie "weltliche Klöster"). Damit knüpfte er an die Vorstellung vom "Urkommunismus" an. Das LebensGut Pommritz ist ein Modellprojekt, das diese Idee in die Praxis umsetzen soll.
  • Errichtung einer absoluten Autorität ("unsichtbare Kirche")
Bahro orientiert sich an Ferdinand Tönnies' Unterscheidung von Gemeinschaft (Unterordnung der Einzelnen) einerseits, Gesellschaft (andere Menschen als Mittel für eigene Interessen nutzen) andererseits.
Bei ihm verbindet sich das auf eigenwillige Art & Weise: JedeR schliesst einen individuellen "Vertrag mit Gott", anders als die Gesellschaft, in der Menschen miteinander Verträge abschliessen. Bahro schwebte eine persönliche & kollektive Reifung zu bewusster frei gewählter Gemeinschaft vor. Dazu gibt es übrigens einen Text der Rosa-Luxemburg-Stiftung: Gleicher als andere. Eine Grundlegung der freien Kooperation.

Rudolf Bahro hatte ein widersprüchliches Verhältnis zur Demokratie. Einerseits hielt er die Tyrannis (unter bestimmten Umständen) für notwendig, andererseits strebte er einen freiheitlichen Kommunismus als Ideal an.

Integration durch Differenzierung


Johannes Heinrichs hatte nach Bahros Tod bis zu dessen Schliessung den Lehrstuhl für Sozialökologie an der Humboldt-Universität inne.
In seinem Vortrag behandelte er das Prinzip der Evolution: Integration duch Differenzierung. Im Fall der biologischen Evolution sind es Zellen, die zunehmend differenzierte Funktionen wahrnehmen & in einem Gesamtorganismus integriert werden. Integration & Differenzierung entwickeln sich in der Evolution in einem dialektischen Verhältnis.
Die Persönlichkeitsentwicklung gliedert Heinrichs in vier Reflexionsstufen des menschlichen Bewusstseins. Aus den Reflexionsbeziehungen der verschiedenen Stufen geht bei ihm das Soziale hervor, das ebenfalls in vier Stufen gegliedert ist:
  1. Werte-/Legitimationssystem: metakommunikatives Handeln
  2. Kulturelles System: kommunikatives Handeln
  3. Pollitisches System: strategisches Handeln
  4. Wirtschaftssystem: sachbezogenes Handeln
In dieser Aufzählung ist die Rangfolge der vier Systeme schon enthalten; an oberster Stelle stehen die Werte, ganz unten befindet sich die Wirtschaft.
Damit adressiert die Heinrichssche Viergliederung die beiden Hauptprobleme der heutigen Politik: einerseits die strukturelle Unsachlichkeit auf Grund des Parteiensystems, andererseits die Dominanz der Wirtschaft in allen Gebieten.

Mir fiel zur Integration durch Differenzierung ein, dass das ja die Methode zur Reduktion von Komplexität ist. Niklas Luhmann lässt grüssen.

Rudolf Bahro lehnte Heinrichs' Ansatz ab, er bezeichnete das Prinzip der Reflexion als "krankmachend". Heinrichs zitierte ihn weiterhin:
Die Struktur der Moderne ist eine prinzipiell ahumane Veranstaltung.
Darin zeigt sich beispielhaft Bahros Ablehung der modernen Gessellschaft, die er als Megamaschine bezeichnet.

Rudolf Bahro – ein Mystiker?


Friedrich Sixel knüpfte hier gleich an & stellte fest, dass in Rudolf Bahro die Natur als das alles Vereinende auftritt. Damit vertritt Bahro eine monistische Auffassung. Darin liegt die Gefahr, mit "Natur" ungerechte Zuschreibungen zu legitimieren. Denn was Natur ist, definieren immer Menschen in einer bestimmten Kultur.
Bahro spricht viel von der inneren Natur & erklärt auch was er darunter versteht: die eigenen Sinne.
Sixel führt nun Goethes Farbenlehre als Illustration für diesen Denkansatz an. Goethe verstand sie als Gegenentwurf zu Newtons mechanistischer Farbenlehre. Bahro teilt Goethes erlebenden Wissenschaftsbegriff, der den Menshcen mit seinem Verstand als Naturwesen begreift. Das unterschlägt allerdings, dass der Verstand sich irren kann, auch wenn er noch so naturgegeben ist. Die Natur kann sich eben auch irren & tut das immer wieder!
Goethe verwendet den wertenden Code wahr/falsch für wissenschaftliche Unterscheidungen.
Newton hingegen setzt auf den wertfreien Code zutreffend/unzutreffend. Damit klammert er den forschenden, experimentelle Ergebnisse wahrnehmenden Menschen aus.

Nun verstieg sich Sixel zu der Behauptung "Beim hypothetisierenden Denken nimmt der Mensch Schaden". Da frage ich mich doch, woher nimmt er dann noch die Legitimation, Wissenschaft zu betreiben. Denn auch Goethe hat ja Hypothesen aufgestellt, um zu seiner Farbenlehre zu kommen.

Bahro geht aus von der "seienden Natur" (ein phänomenologischer Ansatz also).
Dem halte ich entgegen: Wir sehen nur, was wir glauben - Denken geht dem Wahrnehmen voraus!
Ich oute mich also hiermit als radikaler Konstruktivist.

Podiumsdiskussion


Von der Podiumsdiskussion nur wenige Fragmente.
Bahro verstand sich nicht als Aussteiger, er konzentrierte sich aufs radikale Denken.

Gerald Hüther nannte zwei ganz tiefe Grunderfahrungen aus der Kindheit:
  • dass ich über mich selbst hinauswachsen kann
  • dass ich verbunden bin
Daran erinnert mensch sich oft erst in Krisen wieder.

Donnerstag, 17. November 2005

Iromeisters Abenteuerreise als RSS-Feed

Als ich mir Mozilla Thunderbird auf meinem USB-Stick installiert habe, nutzte ich die Gelegenheit, ein paar Bildschirmfotos für diese Anleitung zu machen. Thunderbird ist ein Super-Programm, das ich Euch allen wärmstens empfehle. Damit kannst Du Deine Mails lesen & schreiben, das gute alte Usenet benutzen & Webseiten abonnieren, die einen Newsfeed bieten. Das geht z.B. mit meinem Blog.
Der Vorteil: Du brauchst nicht alle paar Tage oder wie oft auch immer auf der Website nachschauen, ob es dort was Neues gibt - Du bekommst jeden neuen Eintrag automatisch per RSS "frei Haus" geliefert!

Nun also die Anleitung, wie Du das einrichtest. Klick auf die Bilder, um sie in voller Auflösung zu sehen!
Am besten richtest Du Dir im Thunderbird ein neues Konto ein:


Der Typ des Kontos ist "RSS News & Blogs":


Wie Du das Konto nennst, bleibt natürlich Dir überlassen:


So - damit ist das Konto für RSS-Feeds fertig aber noch leer. Um meinen Blog zu abonnieren, klickst Du auf "Abonnements verwalten":


In dem Fenster, das sich daraufhin öffnet, klickst Du auf "Hinzufügen":


Nun hast Du verschiedene Varianten zur Auswahl. Den Feed-URL findest Du ganz unten links auf jeder Seite meines Blogs.
  • Den Feed mit allen Beiträgen: xml version of this page
  • Die Zusammenfassung: xml version of this page
  • Alle Beiträge samt Kommentaren: xml version of this page
Such Dir eins davon aus (ich habe übrigens bisher keinen Unterschied zwischen Alle Beiträge & "Zusammenfassung" feststellen können) & klick mit der rechten Maustaste auf das Symbol. Dann wählst Du aus dem Menü "Verknüpfung kopieren" (beim Internet Explodierer) oder "Link-Adresse kopieren" (Mozilla & Co.). Das heisst je nach Browser leicht unterschiedlich.
Den so kopierten Feed-URL fügst Du aus der Zwischenablage in das gleichnamige Feld ein:


Wenn Du bei "Artikel-Zusammenfassung anstatt der Webseite anzeigen" den Haken setzt, dann wird der gesamte Beitrag als RSS-Feed heruntergeladen. Das hat den Vorteil, dass Du die Beiträge auch offline lesen kannst; die Kehrseite der Medaille ist, dass Du nicht mitkriegst wenn ich einen Beitrag nachträglich ändere oder erweitere.

Hat das alles geklappt, dann erscheint der Titel "Iromeisters Abenteuerreise" in der Liste der Abonnements:

Dieses Fenster kannst Du mit Klick auf "OK" schliessen.

Wenn Du dann links bei den Konten auf "Iromeisters Abenteuerreise" klickst, erscheint die Liste mit allen bisherigen Beiträgen:


Viel Freude mit der neuen Technologie!!! ^^

Dienstag, 15. November 2005

Vortrag "Liebesverträge" im Dr. Max-Otto-Bruker-Haus

Ein Freund von mir, der eine Ausbildung zum Gesundheitsberater bei der Gesellschaft für Gesundheitsberatung macht, hatte mir einen Besuch im Dr. Max-Otto-Bruker-Haus in Lahnstein empfohlen. Dr. med. Max Otto Bruker, der Anfang 2001 starb, engagierte sich zeit seines Lebens für eine gesundheitliche Aufklärung jenseits von Pharmaindustrie & Apparatemedizin. Für ihn stand eine gesunde Ernährung im Mittelpunkt.
Auf der Homepage erfuhr ich, dass der Psychotherapeut Dr. phil. Mathias Jung wöchentliche Vorträge im Bruker-Haus hält. Zu einem dieser Vorträge bin ich heute einfach mal hingefahren. Das Thema hiess:

Liebesverträge in der Beziehung


Zu Beginn seines Vortrags & auch immer wieder zwischendrin betonte Mathias Jung, dass Liebe Arbeit bedeutet. Er hat auch ein Buch mit dem Titel Liebesarbeit geschrieben. Viele Paare glauben, dass Liebe irgendwie von selbst kommt. Wozu dieser Glaube führen kann, dazu zitierte er August Strindberg:
Manche Ehen sind wie Todesurteile, die auf Raten vollstreckt werden.
Weiter las er dann aus dem Brief einer Frau vor, die später zu ihm in die Therapie gekommen ist. Sie ertrug aus Angst vor dem Alleinsein, dass ihr Mann & sie nebeneinander her leben.
Dabei ist das Wichtigste in Liebesbeziehungen: Miteinander kommunizieren!

Mathias Jung sagte dazu einen Satz, der für mich deutlich macht, in welcher Tiefe Liebe tatsächlich Arbeit & miteinander Ringen bedeutet:
Ein Paar muss in der Beziehung manchmal an den Rand des Abgrunds treten.

Noch einmal zu der Frau, die nur noch mit ihrem Mann zusammen lebte, weil sie nicht allein sein wollte:
"Weil ich ohne dich leben kann, kann ich mit dir leben" - so formulierte Jung den Spruch eines reifen Paares. Denn wer mit jemand zusammenlebt, weil er/sie nicht ohne die andere Person leben kann, liebt nicht, sondern klammert sich an.

Angesichts der post-traditionellen Gesellschaft ist Partnerschaft eine Leerformel, die die Liebenden selbst auszufüllen haben. Paare müssen buchstäblich alles verhandeln, weil es keine unhinterfragt gültigen Maßstäbe mehr gibt, wie das noch bei der Generation meiner Eltern der Fall war.
In dieser Situation ist Schweigen tödlich!

& doch ist jeder letzlich im Kern für den anderen fremd. Es kann also nicht darum gehen, dass sich die PartnerInnen vollkommen verstehen.

In einem kleinen "Exkurs" stellte Mathias Jung dann eine Reihe seelischer Defizite von Männern vor, die eine Folge unserer patriarchalen Lebensumstände sind. Er bezog sich dabei auf das Buch Der verunsicherte Mann von Herb Goldberg. Männer (in patriarchalen Kulturen) halten folgendes kaum bis gar nicht aus:
  • Abhängigkeit
  • Passivität
  • um Hilfe bitten
  • Angst zugeben
  • Traurigkeit
  • Berührung
  • irrationales Verhalten
Ich erinnere in dem Zusammenhang nur an die "Weichei"- & "Warmduscher"-Welle, die vor einigen Jahren in der deutschen Männerwelt umging.

Zurück zu den Liebesbeziehungen. Ein zweiter zentraler Satz des Vortrag ist Liebe ist Reden! Auch darüber hat Mathias Jung ein Buch geschrieben: Das sprachlose Paar.
Er stellte nun das Zwiegespräch nach Michael Lukas Moeller vor, das dieser in seinem Buch Die Wahrheit beginnt zu zweit beschrieben hat.
Jung empfiehlt, sich einmal im Monat zum Zwiegespräch zu treffen, das eine Stunde dauern soll.
Vorbereitend suchen beide Partner mögliche Themen für das Gespräch aus & einigen sich auf das drängendste davon. Wichtig: Es geht dabei nie um Schuldzuweisungen!
Das Setting ist sehr wichtig für ein gutes Zwiegespräch. Es findet in einem schön gestalteten Raum statt, während des Gesprächs darf es keinerlei Störung geben, denn es handelt sich um einen heiligen Raum. Das muss vorher ganz klar sein, auch Kinder dürfen nicht stören. Bei Bedarf kann ja für die Dauer des Zwiegesprächs eine Kinderbetreuung organisiert werden.
Die Partner sitzen sich während des Zwiegesprächs ganz dicht gegenüber & halten Blickkontakt.
Vom Ablauf her ist das Gespräch in drei Abschnitte zu je 20 Minuten unterteilt. Die ersten 20 Minuten spricht eineR der Partner, der/die andere hört zu. Dann spricht die andere Person, während die erste zuhört. Die letzten 20 Minuten sind dann Dialog.
Wenn einem vor Ablauf der Zeit nichts mehr einfällt, schweigt mensch halt. Das kann ein sehr intimes Erleben sein.

Die wichtigste Regel für das Gespräch lautet: Aussagen als Ich-Botschaften formulieren!

Mathias Jung bezeichnet das Zwiegespräch als "die kleinste Selbsthilfegruppe derr Welt" ;-)

Zärtlichkeit ist wichtiger als Sexualität!
Diese Aussage passt genau zu meinem Entschluss aus der Twenzeit, mindestens bis Ende diesen Jahres die Sexualität aussen vor zu lassen & mich ganz auf zärtliche Annäherungen zu Frauen zu konzentrieren.

Der letzte Teil des Vortrags stellte schliesslich die Liebesverträge bzw. Liebesvereinbarungen vor. Geregelt werden kann & sollte alles, was das Paar betrifft. Mathias Jung betonte besonders die Geldfragen & Vereinbarungen über Sexualität. Aber auch so etwas Banales wie "wer trägt den Müll runter" ist oft Anlass für Streitigkeiten, & zwar weil es keine für beide eindeutige Regel gibt.
Jung empfiehlt, sich etwa einmal im Jahr zu einem Vereinbarungsgespräch zu treffen. Es ist auch möglich, das als Familienkonferenz oder Familienrat mit den Kindern & ggf. noch anderen Verwandten gemeinsam zu tun. Aber für das was nur zwischen den beiden Partnern geregelt werden soll, wird der Rest der Familie nicht benötigt.
Beide Partner bereiten sich gut auf das Vereinbarungsgespräch vor, indem sie ihre Verhandlungspositionen schriftlich notieren. Das sollte so konkret wie möglich geschehen, denn Aussagen wie "ich wünsche mir mehr Zärtlichkeit von Dir" sind so allgemein, dass der Partner gar nicht weiss, was von ihm denn nun erwartet wird.
Es geht ums klar benennen was ich will & was nicht!
Im Zweifelsfall einigt sich das Paar in einem Punkt lieber vorerst nicht, als dass sich eineR der beiden etwas aufdrängen lässt.

Komplimente sind ein Punkt, der selten explizit zwischen Partnern geregelt ist. Das führt dann oft dazu, dass sich beide mangels Komplimente ihres Partners vernachlässigt fühlen. Dazu kann z.B. vereinbart werden, dass der Mann sich bei seiner Frau für das Essen bedankt, das sie ihm jeden Tag kocht, & sie sich im Gegenzug bei ihm dafür bedankt, dass er das Geld ranschafft. Um mal als Beispiel die trotz Frauenemanzipation immer noch vorherrschende Konstellation zu nehmen.

Es bietet sich an, die Ergebnisse der Verhandlung schriftlich an die Wand zu hängen, so dass beide immer wieder überprüfen können, ob ihre Vereinbarungen eingehalten werden.



Wenn ich irgendwann auch mit einer Partnerin zusammen lebe, werde ich das alles mal ausprobieren.

Samstag, 12. November 2005

Familienbesuch mit Farbklecksen

Seit Montag Abend (wo ich übrigens beim Trampen direkt vor der Haustür abgeliefert wurde) bin ich bei meiner Schwester, meinem Schwager & den beiden Nichten in Limburg an der Lahn zu Besuch.
Das hier ist Annika, die dieses Jahr in die erste Schulklasse gekommen ist:
Annika mit Schulranzen

& hier siehst Du die dreijährige Katalin:
Katalin obercool
Ist sie nicht extrem cool?

Die beiden freuen sich wie Schneeköniginnen, dass ich ne ganze Woche hier bin. Sonst war ich immer nur übers Wochenende zu Besuch, weil ich ja arbeitete bzw. noch früher studierte.

Der Besuch bei meiner Schwester erweist sich als sehr praktisch: Mein Schlafsack & meine Jacke sind frisch gewaschen. Dafür sind meine Schuhe - trotz Plastiktüten drum - vom Streichen
Iromeister beim Wand streichen
mit einer weissen Schicht überzogen. Alle anderen Arbeitsklamotten habe ich mir ausgeliehen, aber find mal mit Schuhgrösse 46 irgendwo Arbeitsschuhe!!
Meine Schwester & mein Schwager haben nämlich dieses Jahr ein Haus bauen lassen, bei dessen Innenausbau ich mich tatkräftig beteilige. Dafür gibt's auch ein Taschengeld, das ich gut gebrauchen kann! ^^

Montag, 7. November 2005

SID - die Musik des C64

Vergangenes Wochenende haben sich die ZEGG-Twens in Bremen getroffen. Am Samstag waren wir auf der Anti-Atom-Demo in Lüneburg, für mich das herausragendste Ereignis war allerdings die Entdeckung der C64-Musik.
Schon seit einigen Monaten habe ich die High Voltage SID Collection (HSVC) auf meinem Rechner, ohne allerdings reingehört zu haben. Als Wolfram, einer der Twens, sie entdeckte, spielte er mir ein paar Tracks vor, die mich völlig wegbliesen. Es ist der absolute Wahnsinn, was diese Leute aus dem Sound Interface Design (SID) Chip des C64 rausholen!!!!!
Wolfram programmiert übrigens C64-Grafikdemos, daher kennt er auch die Musik.

Diese Art der Musik habe ich kennen & lieben gelernt durch Demos wie Second Reality von der Future Crew, aber auch durch mein absolutes Lieblings-Computerspiel Star Control II. Vor ein paar Monaten habe ich dann eine finnische Musik-Website entdeckt, auf der es Unmengen von Space Synth aber auch ganz viel andere Musik von unbekannten Künstlern kostenlos zum Herunterladen gibt. Da habe ich mich damals fett eingedeckt ;-)
Tja, & nun kann ich den Rest meines Lebens damit verbringen, die über 30.000 Tunes der HSVC zu hören...

Zum Abspielen dieser Musik brauchst Du übrigens sidplay2 (bzw. sidplay2/w für Windows). Für XMMS gibt's ein Plugin, allerdings liefert sidplay2 die beste Soundqualität nach dem Original. Den Chip gibt es auch als Hardware verbaut:
Die SIDStation ist ein kompletter Synthesizer,
HardSID ist eine PCI-Karte für den PC,
Catweasel MK4 ist "hauptberuflich" ein Floppy-Controller, der aber seit der dritten Generation auch optional einen SID-Chip bietet.
Um auf diesen PCI-Karten C64-Musik abzuspielen, eignet sich speziell der Player ACID 64.

Kontakt

Jabber: iromeister@deshalbfrei.org
Skype: brich.die.regeln
Mail: rincewind_at_
ist-einmalig_punkt_de

Intro

Guten Tag FremdeR! Du bist hier beim Blog eines (Forschungs-) Reisenden zu Gemeinschaften & Kommunen gelandet. Unterwegs bin ich seit Ende Juli 2005, seit ca. Sommer 2006 inzwischen wieder sesshaft. Mehr über mich & mein Projekt erfährst Du im Startschuss-Beitrag. Darin erkläre ich auch, wie Du diesen Blog "bedienst"!
Im Beitrag Eine neue Kultur fasse ich meinen bisherigen Lebens-Schwerpunkt zusammen - darum geht es mir, nicht nur in diesem Blog.

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Na prima das mit der Arbeit.
Jörg (Gast) - 2009-09-03 14:53

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