Freitag, 16. März 2007

anarchistisch = menschenfreundlich, vor allem kinderfreundlich

Gerade lese ich in der aktuellen Ausgabe von "Natürlich lernen" den Artikel "Die Konsequenzen des Gehorsams für die Entwicklung von Identität und Kreativität" von Arno Gruen. Darin bringt er absolut auf den Punkt, wie Herrschaft (die ja darin besteht Gehorsam einzufordern) Menschen verkrüppelt. In den jüngsten Kindheitstagen wird in den meisten Familien unserer Kultur der Grundstein dafür gelegt. Lange Zeit fand ich mich in dem Lied Self Bias Resistor von Fear Factory wieder, mit der Zeile "They have tried to break you" ("Sie haben versucht dich zu brechen"). Natürlich blieb ich damit noch in der Rolle des Rebellen & damit des Opfers stecken. Diese Phase war wichtig, um in mir die Kraft zu finden meinen eigenen Weg zu gehen; zuerst musste ich mich weigern zu tun was andere von mir verlangten. Dadurch bekam ich den Freiraum um herauszufinden was ich wirklich, wirklich will.
Ja, an dieser Stelle wird deutlich, dass Frithjof Bergmanns Anliegen genau in die gleiche Richtung zielt: Wenn die Menschen von Geburt an das tun dürfen, was sie wirklich, wirklich wollen, wird Herrschaft & Gehorsam überflüssig - & mit ihnen all die grausamen Folgen die unsere Kultur so lebensfeindlich machen.

Ich verstehe Anarchismus schon seit längerem weniger als politische Haltung, die sich gegen Herrschaft & damit nach außen richtet. Für mich heisst Anarchist sein in erster Linie Ich werde niemanden beherrschen - mich selbst auch nicht. Auf Kinder bezogen heisst "beherrschen" "erziehen", & Anarchie entsprechend Nichterziehung.

Zur Veranschaulichung des direkten Zusammenhangs ein Zitat:
Die Eigenschaften, die Eltern ihren Kindern am meisten zuschreiben, sind Unsauberkeit, Unreinheit, Gier, Unstetsein, Zerstörungswut. Kinder sind, auch Freud sah es so, unersättlich in ihrem Trieb, stets darauf erpicht, dem Lustprinzip zu folgen. Es sollte uns hellhörig machen, dass es genau dieselben Eigenschaften sind, die dem gehassten Fremden - ob Jude, Zigeuner, Chinese, Katholik, Kroate, Serbe, Tschetschene, Kommunist usw. - immer wieder unterstellt werden.

Vor allem wir Männer haben von klein auf gelernt, unsere Gefühle zu verleugnen ("ein Indianer kennt keinen Schmerz"). Damit sind wir von unserem Wesenskern abgeschnitten & für die Bildung unserer Identität auf äussere Vorbilder angewiesen. Im Extremfall kumuliert das zu Massenphänomenen à la "Führer befiehl, wir folgen dir", aber der normale Wahnsinn unserer Leistungsgesellschaft funktioniert genauso. Der Staat muss deshalb fast gar nicht mehr auf Gewalt zurückgreifen: in der Familie als "Keimzelle des Staates" (tatkräftig unterstützt durch die Zwangsveranstaltung Schule) wird Herrschaft durch diesen Mechanismus wie von selbst reproduziert. Die Gesundheit der Menschen (mindestens mal die seelische) bleibt dabei auf der Strecke, oder kurz gesagt: Herrschaft macht krank. & zwar nicht nur die einzelnen Menschen, sondern die ganze Gesellschaft.

Fangen wir also umgehend mit der Therapie an: Freies Kinderaufwachsen!

Montag, 12. März 2007

Nie wieder Releasewechsel - Gentoo rulez!

Heute ist es so weit, Ubuntu fliegt runter von meinem Notebook & wird durch Gentoo Linux ersetzt. Vom Installer (GLI) habe ich schnell wieder die Finger gelassen, der ist wirklich noch mitten im Betastadium.
So arbeite ich mich also in 10 Schritten durch das Handbuch wie es sich gehört. ;-) Dabei lernt mensch gleich eine ganze Menge über Linux im Allgemeinen, sogar eine Ultrakurzeinführung in TCP/IP-Netze ist dabei.

Im Gegensatz zur Ubuntu-Linux-Distribution, die die Menschlichkeit zwar als hehres Ziel ganz gross raushängen lässt, gibt Gentoo den BenutzerInnen ganz praktisch die Mittel an die Hand ihr System zu durchschauen - denn Einfachheit führt meistens zur Entmündigung wenn es sich um etwas so Komplexes wie ein Betriebssystem handelt.

Mich erinnert der Installationsvorgang ein wenig an meine allerersten Versuche mit Linux, damals noch SuSE Linux 5.3. Obwohl mir damals YaST schon einige (Denk-) Arbeit abnahm, war es dennoch ein ganz schön tiefes Eintauchen in das Innenleben des Rechners. Gelernt habe ich dabei eine ganze Menge - & bin dadurch ein gutes Stück von einem sehr grossen Softwarekonzern unabhängig geworden ;-)
Für jemand, die oder der entweder noch gar nichts mit Computern am Hut hatte oder - schlimmer noch - durch besagten Softwarekonzern vorgeprägt ist, bedeutet eine Gentoo-Installation erst einmal sehr viel Mühe. Wer sich einmal erfolgreich durchgekämpft hat, kann mit Fug & Recht behaupten einiges von Computern & Betriebssystemen begriffen zu haben. Das was mensch da lernt beschränkt sich nämlich nicht auf Linux & schon gar nicht auf die Gentoo-Distribution, sondern ist oftmals ziemlich allgemeingültig.
Stephan Maus beschreibt sehr anschaulich, wie er sich dieses Wissen (allerdings anhand von NetBSD) angeeignet hat: Mit Open Source Software gegen die digitale Unmündigkeit.
Allein schon die Liste mit Softwarepaketen, die bei emerge --sync an mir vorbeirattert, macht mir Gentoo sympathisch. Bei Ubuntu brauchte ich für alle möglichen "Sonderwünsche" inoffizielle Paketquellen, die spätestens beim Update auf die nächste Version für Ärger sorgen. Hier gibt es gar keine Sonderwünsche, so ziemlich alle denkbaren Softwarepakete sind bereits berücksichtigt. Da fühle ich mich im Nachhinein von Ubuntu echt entmündigt. >:-[ Es hat mir gefälligst niemand vorzuschreiben, welche Software ich für welche Zwecke einzusetzen habe! Das ist immer noch meine freie Entscheidung!

Vorbildlich ist die Dokumentation von Gentoo, sowohl die offizielle als auch ganz besonders das Gentoo Wiki. Da bemüht sich die Community um verständliche Erklärungen dessen, was hinter den Kulissen der bunten Bildchen von KDE & Co. abläuft. Es dauert zwar viel länger als die übliche Installationsroutine anderer Linux-Distributionen, dafür weiss ich aber hinterher bescheid wie etwas funktioniert. Bei Ubuntu musste ich oft mühsam herausfinden warum etwas nicht funktioniert (beim Gentoo-Installer übrigens auch).
Lieber einmal lange dran sitzen & anschliessend durchblicken als immer wieder zur Fehlerbehebung im System rumstochern. Dazu brauche ich kein Linux, das geht mit Windows auch...

Der einzige Haken an der Sache für mich ist, dass ich mein momentan einziges Produktivsystem so langwierig neu aufsetze. Arbeiten kann ich noch nicht daran, ich blogge deshalb an Sabines Notebook. Auch die Beantwortung von E-Mails verzögert sich daher um einige Tage.
Danach läuft's hoffentlich um so runder!
Ich muss mich nämlich fortan nicht mehr mit kompletten System-Upgrades von einer Version auf die andere rumquälen, das gehört mit Gentoo der Vergangenheit an. Es werden kontinuierlich neue Versionen der einzelnen Pakete veröffentlicht - das tun andere Distris zwar auch, Gentoo kennt allerdings nur dies & keine kompletten (umständlichen!) Releasewechsel. Soviel zur Erklärung der Überschrift.
Wer Fantasy-Rollenspiele oder Strategiespiele am Computer kennt: Es ist wie der Wechsel von rundenbasiert zu Echtzeit ;-)

Dienstag, 27. Februar 2007

Aktionsbündnis Bildung 1. März in Heidelberg

Anlässlich des Gipfeltreffens der EU-Bildungsminister in Heidelberg am 1. März (also schon übermorgen!!!) findet ein bundesweiter Aktionstag für Freie Bildung statt.
Hier die Website: www.aktionsbuendnis-bildung.de
Kommt zwar knapp, aber ich habe auch soeben erst davon erfahren. Also ab nach Heidelberg!

Freitag, 23. Februar 2007

Das Traum-Werkzeug für Netzweber

Erst seit wenigen Stunden bin ich bei XING angemeldet & kann mich gar nicht wieder einkriegen. Das ist ja sooo genial, wen ich da schon alles wiedergefunden habe!!! Bin auch hochgradig gespannt was sich noch so alles daraus ergibt, allein schon die Termine in Leipzig sind ein wirklich guter Tipp.

Donnerstag, 22. Februar 2007

Braucht Linux Einfachheit?

Ein Beitrag im Keimform-Blog (Vom "Nutzen" Freier Software) hat mich ganz schön ins Grübeln gebracht. Dass GNOME Konfigurationsmöglichkeiten vor den "dummen Usern" versteckt, erinnert fatal an die Politik von Microsoft. Linus Torvalds rät aus diesem Grund, zu KDE oder anderen Window Managern zu wechseln.
Einfachheit allein reicht zur Emanzipation nicht aus, sie kann sogar nach hinten losgehen. Linus Torvalds bezeichnet die Gnome-Entwickler sogar als "Interface Nazis" und führt an anderer Stelle aus "If you think your users are idiots, only idiots will use it." ("Wenn du denkst, dass Deine BenutzerInnen Idioten sind, werden nur Idioten es benutzen")
Mich hat diese Überlegung dazu bewogen, im Zuge meiner ohnehin notwendigen System-Aktualisierung auf Gentoo Linux umzusteigen. Dass Ubuntu als Standard-Desktopumgebung GNOME nutzt, ist für diese Entscheidung nicht ausschlaggebend, da es ja auch Kubuntu gibt. Ubuntu hat sich zwar Menschlichkeit auf die Fahnen geschrieben, im Sinne der Freiheit in Freier Software geht Gentoo dabei jedoch einen wesentlichen Schritt weiter. Ein Satz aus der Gentoo Philosophy illustriert was ich meine: "If the tool forces the user to do things a particular way, then the tool is working against, rather than for, the user." ("Wenn das Werkzeug den/die BenutzerIn dazu zwingt, die Dinge auf eine bestimmte Art zu tun, dann arbeitet das Werkzeug gegen anstelle von für die/den BenutzerIn") Hier geht es eindeutig um Selbstentfaltung, wie sie vom Oekonux-Projekt verstanden wird.

Um mal einen Vergleich zu ziehen: Um ein Auto zu fahren, ist es im Normalfall nicht nötig zu verstehen, was "unter der Haube" vor sich geht. Genauso ist es im Normalfall nicht nötig zu verstehen, was "unter der Haube" eines Windows- (oder Macintosh-) Betriebssystems passiert, um es zu bedienen.
Relevant wird dieses Wissen erst, wenn mal nicht alles so funktioniert wie es soll. Das kann (im Falle des Autos) von der Reifenpanne bis zu komplizierten Defekten des Motors reichen. Je besser ich mich mit dem Innenleben meines Autos auskenne, umso weniger bin ich von anderen "Experten" abhängig, umso öfter kann ich mir selber helfen & das Auto wieder zum Fahren bringen.
Ich kann mir dieses Wissen auch nach & nach, je nach Bedarf, aneignen. Dazu muss ich allerdings Zugriff auf das Innenleben meines Autos haben sowie Zugriff auf Informationen darüber, wie es funktioniert. In dieser Hinsicht ist die zunehmende Bestückung von Autos mit Elektronik ein erheblicher Rückschritt. Selbst Automechaniker haben immer weniger Möglichkeiten etwas zu reparieren, wenn sie über keine profunden Kenntnisse im Bereich der Fahrzeugelektronik verfügen.
Das ist immer eines meiner Hauptargumente für Linux anstatt Windows: Ich zeige den Leuten die Meldungen, die ein Linux-System beim Hochfahren anzeigt. Natürlich sind diese nicht ohne weiteres zu verstehen. Im Unterschied zu Windows, das so gut wie nichts anzeigt, kann mensch alle diese Meldungen jedoch verstehen, ohne Systemexperte zu sein. Alle nötigen Informationen sind frei verfügbar. & eine grosse Zahl von ExpertInnen, die sich dieses Wissen selbst angeeignet haben, stellen es gerne kostenlos für alle im Internet zur Verfügung.

In diesem Zusammenhang empfehle ich Neal Stephensons Buch Die Diktatur des schönen Scheins, in dem er die Entmündigung der BenutzerInnen durch grafische Oberflächen beschreibt.

Wem ein ganzes Buch zu viel zu lesen ist, lege ich diesen Artikel von Stephan Maus ans Herz: Mit Open Source Software gegen die digitale Unmündigkeit. O-Ton: "Ab morgen machst du dir die Maschine untertan. Ab morgen sprengt in diesen bröckeligen Mauern ein Microslave seine Fesseln." Ja, Selbstentfaltung & Emanzipation sind oft anstrengend, manchmal sogar ein K(r)ampf. Doch auf lange Sicht lohnt es sich, denn es geht um nicht weniger als die Grundlagen unserer Gesellschaft. Wollen wir als Sklaven der Grosskonzerne unser Leben lang abhängig sein, oder wollen wir uns gemeinsam selber helfen?

So ist also meine Entscheidung für das von mir eingesetzte Betriebssystem mal wieder politisch motiviert.
Meine angestrebte Geschäftstätigkeit wird davon auch ganz wesentlich berührt. Im Grunde sollte ich - ähnlich wie ein guter Arzt - mich bemühen, dass meine KundInnen meine Dienste immer seltener in Anspruch nehmen müssen. Doch woher kommt dann das Geld für meinen Lebensunterhalt?
Es bleibt dabei: "Es gibt kein richtiges Leben im falschen." Politische Veränderung tut not. Auf in die GPL-Gesellschaft!

& um die Titelfrage zu beantworten: Linux braucht Freiheit!

Kontakt

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Intro

Guten Tag FremdeR! Du bist hier beim Blog eines (Forschungs-) Reisenden zu Gemeinschaften & Kommunen gelandet. Unterwegs bin ich seit Ende Juli 2005, seit ca. Sommer 2006 inzwischen wieder sesshaft. Mehr über mich & mein Projekt erfährst Du im Startschuss-Beitrag. Darin erkläre ich auch, wie Du diesen Blog "bedienst"!
Im Beitrag Eine neue Kultur fasse ich meinen bisherigen Lebens-Schwerpunkt zusammen - darum geht es mir, nicht nur in diesem Blog.

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