Während wir hier die deutsche Einheit feiern (oder auch nicht), hat auf der anderen Seite des Atlantiks soeben der
Paulson-Putsch stattgefunden. Diese treffende Bezeichnung für den
Emergency Economic Stabilization Act of 2008, kurz
H.R. 1424, stammt von der Journalistin
Lila Rajiva.
Zwar wurde Abschnitt 119 gegenüber der
ursprünglichen, von US-Finanzminister Henry Paulson verfassten Version, etwas zurückgestutzt, scheint ihm jedoch immer noch sehr weitreichende Handlungsbefugnisse einzuräumen (siehe dazu den
Kommentar auf publicmarkup.org).
Anstatt 700 Mrd. $ zu erfinden, so wie auch alles andere Geld heutzutage einfach von Noten- & Geschäftsbanken erfunden wird (
Fiat Money), gibt es verschiedene Vorschläge zur Reform unseres Geldsystems. Dazu braucht es vor allem
Mut, & solange diejenigen an den Schalthebeln der Macht sitzen, die vom bestehenden Geldsystem am meisten profitieren (siehe Paulson),
eine breite Bewegung von unten.
Eine viel versprechende Idee ist die
Initiative Taxos. Die Idee kurzgefasst: "Der Staat bezahlt einen (zunächst geringen) Teil seiner Ausgaben nicht mit Euros sondern mit auf Euro lautenden Steuergutschriften." Was mich an diesem Vorschlag besonders begeistert ist, dass der Staat - anders als bei den meisten
Komplementärwährungen - selbst ganz direkt von diesem neuen Zahlungsmittel profitiert. Somit stehen der Einführung von Taxos "nur" die Interessen der Hochfinanz entgegen. Die sind nämlich die
Hauptgläubiger des Staates & verdienen entsprechend an der
Staatsverschuldung.
Bernard Lietaer hat einen Vorschlag aus dem Jahre 1933 für eine Weltwährung, die auf einem standardisierten Warenkorb basiert, wieder aufgegriffen & an die heutige Zeit angepasst: Den
Terra.
Neben der Schaffung zusätzlicher Zahlungsmittel kommen wir nicht um eine grundlegende Reform des bestehenden Geldsystems herum. Anders als die
Freiwirtschaft sehe ich den Hauptfehler dieses Systems nicht im
Zins an sich, sondern darin, wie das Geld überhaupt entsteht (
Geldschöpfung). Sehr anschaulich erklärt das der
Dreiteiler auf YouTube, den ich hier schon lobend erwähnte.
Der Soziologe
Joseph Huber hat unter der Bezeichnung
Vollgeld ein Konzept erarbeitet, das die Geldschöpfung wieder ausschließlich in die Hand des Staates gibt.
Derzeit beträgt die
Mindestreserve im Eurosystem 2%, d.h. die Banken können 50 mal so viel Geld schöpfen (ich sage erfinden dazu) wie bei der Zentralbank vorhanden ist. Im Wikipedia-Artikel steht sogar "Einige Staaten sind sogar dazu übergegangen, die Mindestreserve abzuschaffen." - Fiat money eben.
Hubers Vollgeld wird inzwischen schon im britischen Oberhaus diskutiert.
Auf der anderen Seite des Atlantiks tut sich vor allem
Stephen Zarlenga mit seinem American Monetary Institute hervor. Sein Buch
Der Mythos vom Geld. Die Geschichte der Macht. ist eine hervorragend recherchierte Geschichte des Geldes & schildert vor allem den weit zurückreichenden Kampf um die demokratische Kontrolle des Geldsystems.
Sein Vorschlag entspricht in weiten Teilen dem von Joseph Huber: Die Macht der Geldschöpfung einer demokratisch kontrollierten Institution des Staates zu unterstellen.
Obwohl ich den Schwerpunkt der Freiwirtschaft für falsch gesetzt halte, ist diese Richtung doch bisher am stärksten organisiert, in Deutschland in der
INWO, & hat 2001 sogar eine Partei gegründet, die
Humanwirtschaftspartei. Ist für die nächste Wahl zumindest eine Überlegung wert.
Hauptsache es kommt überhaupt ein Gespräch über grundlegende Alternativen zum bestehenden Geldsystem in Gang, was die Vor- & Nachteile der einzelnen Lösungen sind kann dann immer noch geklärt oder besser noch ausprobiert werden. Im Kleinen funktionieren ja schon etliche
Tauschringe &
Regionalwährungen mit teilweise recht unterschiedlichen Systemen.
Wenn Du richtig tief in die Materie einsteigen willst, empfehle ich Dir, Dich auf der
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Ein Text, der mir sehr tiefe Erkenntnisse über Geld gebracht hat, ist
Vexierbild Geld von Richard Weinrich. Bring viel Zeit mit, es lohnt sich!